Jahresschlussverkauf in der Versicherungsbranche
Beim Jahresschlussverkauf in der Versicherungsbranche geht es darum, noch ein paar Verträge zu verkaufen. Fall nicht darauf rein.
Die Gründe
Die Gründe sind unterschiedlich. Einerseits gibt es da die KFZ-Wechselzeit bis 30.11. Die volle mediale Breitseite beginnt spätestens Ende Oktober. Mehrere Hundert Euro sollen sich bei einem Wechsel sparen lassen. Und wer will nicht gern sparen?! Zwar führen viele einen Vergleich mittlerweile über diverse Rechner im Internet durch, doch die überwiegende Zahl der Kunden sucht dann doch die Filiale oder Agentur auf. Ist der Kunde einmal da, wird als guter Verkäufer natürlich noch auf die verschiedenen anderen Produkte aufmerksam gemacht.
Weiterhin ist der Jahreswechsel die Zeit, das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen und einen Ausblick aufs Neue zu wagen. Da fällt dem ein oder anderen auch der Versicherungsordner in die Hand. Oh, ich wollte mich ja mal um die Altersvorsorge kümmern! Oder: Upps, die viel zu teure Haftpflicht wollte ich doch mal wechseln. Manche bekommen zu Weihnachten auch nette Post des Beraters und denken sich…stimmt, da war ja was. Naja, schnell mal einen Termin machen und das Gewissen beruhigen.
Grund Nummer 1 ist jedoch…der Gesetzgeber! Jedes Jahr aufs Neue werden die Gesetze und Zinsen geändert, Zulagen erhöht oder gesenkt, Männer und Frauen angeglichen usw. Hier eine kleine Übersicht der letzten Jahre:
Jedes Jahr wird mit dem Hinweis geworben, dass es im nächsten Jahr anders und vor allem schlechter wird. Mal sind es die Zinsen, mal die Steuervorteile. Der einzige alternativlose Ausweg: Jetzt noch schnell diese Versicherung oder jene Rente abschließen!
„Informationen für Ihr Jahresendgeschäft“
Beinahe täglich erreichen uns Emails und Infoschreiben von den Versicherern hinsichtlich des Jahresendgeschäfts. Die Versicherungsindustrie füttert die Makler – die per Gesetz und Vertrag – auf Seiten der Kunden stehen, unablässig mit „Informationen“. Viele Kollegen übernehmen den Wortlaut oder gleich die Unterlagen ohne diese kritisch zu beleuchten. Letztlich sind diese Informationen Werbung. Werbung der Versicherer für ihre Produkte. Machen sich Makler und Berater diese zu Eigen, liegt unserer Ansicht nach ein wesentlicher Vertrauensbruch vor. Zugespitzt müsste es also eher heißen:
Werbung für unser Jahresendgeschäft!
Natürlich ist es für den Makler/Berater, der auf den Abschluss von Verträgen angewiesen ist, um Umsatz zu generieren, einfach und bequem sich diese Infos und Broschüren zu nehmen und in den Beratungs-/Verkaufsprozess zu integrieren. Es ist also große Vorsicht geboten, wenn der Berater im Gespräch auf große Veränderungen hinweist und deswegen auf den Vertragsabschluss drängt. Sicher sind steuerliche und rechtliche Änderungen in die Beratung einzuziehen, aber sie spielen oftmals eine viel geringere Rolle, als angenommen, erst Recht wenn deswegen Produkte abgeschlossen werden, die nicht zur Lebensplanung passen. Was bringen beispielsweise 1,75% garantierter Zins, wenn ich in ein paar Jahren bauen möchte und möglichst viel Eigenkapital brauche?
Dann lieber nichts unternehmen?
Keinesfalls! Es gibt jedoch nicht den richtigen Zeitpunkt. Genauso wenig wie es den richtigen Zeitpunkt für den Einstieg in den Aktienmarkt gibt. Es geht vielmehr darum, ruhig und regelmäßig an seiner eigenen Finanzplanung zu arbeiten und das ist viel einfacher, als viele vermuten. Finanzplanung und die Auswahl der richtigen Verträge ist kein Hexenwerk.
Wie gehe ich am besten vor?
Wichtiger als Steuervorteile, Zulagen oder Garantiezinsen ist eine durchdachte und nachvollziehbare Strategie. Dabei gilt es, sich über die eigenen Ziele und Wünsche im Leben, sowie die eigenen Prioritäten bewusst zu werden.
Grundlage ist immer ein „guter“ Haushalt. Das bedeutet, mehr einzunehmen als auszugeben. Klingt simpel, ist aber fundamental. Wer auf Dauer mehr ausgibt, als er einnimmt, dem nützen tolle Versicherungen und Steuervorteile nichts. Also: Haushaltsbuch führen und Überschüsse erwirtschaften.
Anschließend geht es um die Absicherung von Risiken. Wir leben in Deutschland und damit im puren Luxus. Die größten Risiken sind meistens bereits in irgendeiner Form abgesichert. Krankheit: Dafür gibt es die Gesetzliche Krankenversicherung. Arbeitslosigkeit. Dafür gibt’s die Arbeitslosenversicherung und die Grundsicherung.
Privat was unternehmen sollte man in den Bereichen Haftpflicht (wenn man einem anderen einen Schaden zufügt), Arbeits- bzw. Berufsunfähigkeit (wenn man also nicht mehr selbst für seinen Unterhalt sorgen kann und beim Todesfall, wenn man Familie hat. Es reichen also 3-4 Verträge aus, um die gravierendsten Risiken abzudecken.
Sind die Risiken vernünftig abgedeckt, sollte ein Notgroschen aufgebaut werden. Wird mal dringend Geld benötigt, um eine ungeplante Ausgabe zu bestreiten, kann darauf zurückgegriffen. 3 bis 6 Monatsgehälter sollten es schon sein, um z.B. auch mal eine Phase der Arbeitslosigkeit überbrücken zu können.
Wenn diese Punkte erfüllt sind, ist zu überlegen, wo die Reise mal hingehen soll: Immobilie, Kinder, Selbstständigkeit, neues Auto, Auswandern usw. Je klarer man in seinen Vorstellungen ist, desto leichter lässt sich ein entsprechender Plan aufstellen. Wenn die Gedanken noch Achterbahn fahren? Dann so viel Geld zur Seite legen wie möglich und flexibel bleiben!
Welche Rolle spielen denn dann Garantiezins und Co?
Eine viel geringere Rolle als eine fehlende Strategie! Wer eine Strategie hat und mit seinem Berater einen Fahrplan aufgestellt hat, der sollte natürlich gesetzliche Änderungen berücksichtigen. Wer also z.B. an dem Punkt angelangt ist, eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen, sollte prüfen, ob sich ein zügiger Abschluss zu den heute gültigen Konditionen lohnt. Die Berücksichtigung von Änderungen ist jedoch immer der zweite Schritt und sollte NIEMALS alleiniger Grund für einen Abschluss oder eine Änderung von bestehenden Produkten sein. Wir sehen in unseren Beratungen regelmäßig das Ergebnis eines solchen falschen Vorgehens. Da wurden Rentenversicherungen abgeschlossen, um sich irgendwelche Zulagen oder Garantiezinsen zu sichern und gleichzeitig steckt der Mandant noch Knietief im Dispo. Bildlich gesprochen wandern in einem solchen Fall die tollen Zulagen und Garantien gleich in Form von Kreditzinsen zur Bank.
Fazit
Also: Plan aufstellen, Strategie entwickeln, dranbleiben und entspannen. In die Zukunft kann eh niemand schauen oder anders formuliert: Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen. In diesem Sinne: Habe Mut und keine Angst vor der Zukunft! Lebe jetzt und nimm das Geld nicht so wichtig.